FAQ zum Hinweisgeberschutzgesetz

Aus dem Feedback zu unseren bisherigen Beiträgen und Publikationen haben wir einige besonders „prominente“ Themen herausgefiltert:

Was ist die EU-Whistleblower-Richtlinie?

Die Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, behandelt verschiedene Themen rund um das Thema "Whistleblowing". 

Nach der Richtlinie musste Deutschland die Richtlinie bis zum 17.12.2021 in nationales Recht umsetzen, was leider noch nicht geschehen ist. Seit 27.07.2022 liegt der Regierungsentwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes vor. Seit 19.September 2022 liegt der Gesetzentwurf mit Stellungnahmen des Bundestags, des Bundesrates und des Normenkontrollrates vor.

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Berechtigte: Wer fällt unter den Schutz des Hinweisgeberschutzgesetzes?

Der Anwendungsbereich ist sehr weit und umfasst alle Personen, die potenziell Kenntnis von einem Verstoß im beruflichen Umfeld erlangt haben können.

Geschützt werden nicht nur Beschäftigte (einschließlich der Beamtenschaft), sondern auch Praktikanten, Auszubildende, Freiwillige, Anteilseigner, externe Auftragnehmer und Lieferanten sowie auch Personen, deren Arbeitsverhältnis bereits beendet ist oder noch nicht begonnen hat. Betroffen sind auch die Mitglieder von Arbeitnehmervertretungen (Betriebsrat, Personalrat) sowie die Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft.

Wichtig zu wissen ist, dass auch diejenigen Personen in ihrer Vertraulichkeit der Identität geschützt werden, die der Gegenstand der Meldung oder Offenlegung sind, bspw. indem ihnen ein Fehlverhalten vorgeworfen wird. Gleiches gilt für die Rechte und Geheimhaltungsinteressen der von der Meldung oder Offenlegung betroffenen juristischen Personen, Personenvereinigungen und sonstigen Organisationsformen.

Schutzvoraussetzung ist, dass die hinweisgebende Person davon ausgehen durfte, dass die gemeldeten Informationen der Wahrheit entsprachen. Auf die dahinterstehende Motivation, bspw. eigensüchtige Motive, kommt es nicht an.

Verpflichtete: Wer muss den Schutz gewährleisten?

Das Gesetz wendet sich an „Beschäftigungsgeber“. Dies sind, sofern mindestens eine Person bei ihnen beschäftigt ist, (1) natürliche Personen sowie juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, (2) rechtsfähige Personengesellschaften und (3) sonstige rechtsfähige Personenvereinigungen.

Juristische Personen des privaten Rechts sind bspw. der eingetragene Verein, die eingetragene Genossenschaft, die AG, die KGAA, die GmbH und Stiftungen des Privatrechts. Zu den juristischen Personen des öffentlichen Rechts zählen Gebietskörperschaften wie etwa Kommunen, Personalkörperschaften sowie Verbandskörperschaften auf Bundes- und Landesebene. Des Weiteren umfasst werden bspw. Anstalten, wie etwa die Landesrundfunkanstalten, sowie öffentlich-rechtliche Stiftungen, die evangelische und katholische Kirche mit ihren Kirchengemeinden und als Körperschaften des öffentlichen Rechts oder nach entsprechenden Bestimmungen des Landesrechts anerkannte oder als Vereine des BGB konstituierte Kirchen und sonstige Religionsgemeinschaften.

Daraus folgt, dass bspw. auch Gewerkschaften, die rechtlich weitgehend wie rechtsfähige Vereine behandelt werden, zum Schutze verpflichtet sind und also über entsprechende Meldesysteme verfügen müssen.

Welche Meldestelle ist für mich zuständig?

Das Hinweisgeberschutzgesetz sieht ein gestuftes Meldesystem vor: Auf der ersten Stufe kann die hinweisgebende Person frei wählen, ob sie einen Verstoß zunächst intern meldet oder sich sogleich an die als zuständig benannte Behörde wendet (externe Meldung).

Von grundlegender Bedeutung sind die Vorgaben zur Vertraulichkeit, die für beide Meldewege, die die hinweisgebende Person wählen kann, gleichermaßen gelten.

Die zentrale externe Anlaufstelle beim Bundesamt für Justiz soll im Sinne eines one-stop-shop die hinweisgebende Person davon befreien, sich mit Zuständigkeitsfragen auseinandersetzen zu müssen und davor zu bewahren, schon im Vorfeld einer Meldung den Mut zu verlieren, einen Sachverhalt oder Verstoß zu melden.

Was beinhaltet das Vertraulichkeitsgebot?

Das Vertraulichkeitsgebot betrifft die Identität der hinweisgebenden Person, ferner die Personen, die Gegenstand einer Meldung sind, und schließlich die sonstigen in der Meldung genannten Personen.

Die Vertraulichkeit der Identität steht stets an vorderster Stelle. Unbefugte Personen dürfen – auch wenn sie im selben Unternehmen bzw. derselben Behörde arbeiten – keinen Zugriff auf Dokumente wie z.B. E-Mailverläufe haben, die Rückschlüsse auf die Identität zulassen könnten.

Die Identität dieser Personen darf ausschließlich denjenigen Personen, die für die Entgegennahme von Meldungen oder für das Ergreifen von Folgemaßnahmen zuständig sind, sowie den bei der Erfüllung dieser Aufgaben unterstützenden Personen bekannt werden. Das Gebot der Vertraulichkeit der Identität gilt unabhängig davon, ob die Meldestelle für die eingehende Meldung überhaupt zuständig ist.

Informationen über die Identität der hinweisgebenden Person oder über sonstige Umstände, die Rückschlüsse auf die Identität dieser Person erlauben, dürfen ausnahmsweise weitergegeben werden, wenn die Weitergabe für Folgemaßnahmen erforderlich ist und die hinweisgebende Person zuvor in die Weitergabe eingewilligt hat. Die Einwilligung muss für jede einzelne Weitergabe in Textform eingeholt werden.

Über die Identität von Personen, die Gegenstand einer Meldung sind, und von sonstigen in der Meldung genannten Personen darf eine Weitergabe an die jeweils zuständige Stelle bei Vorliegen einer Einwilligung erfolgen, bei internen Meldestellen außerdem, sofern dies im Rahmen interner Untersuchungen oder für das Ergreifen von Folgemaßnahmen bei dem jeweiligen Beschäftigungsgeber oder in der jeweiligen Organisationseinheit erforderlich ist.

Ausnahmen gelten jedoch bei vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Informationen über Verstöße. In diesem Falle wird die Identität der hinweisgebenden Person nicht geschützt.

Was konkret muss von der Meldestelle gewährleistet werden?

Interne Meldestelle:

Die Meldestellenpflicht bedeutet, dass mindestens eine Stelle für interne Meldungen eingerichtet ist und betrieben wird, an die sich Beschäftigte wenden können.

Die internen Meldestellen betreiben Meldekanäle, führen das Verfahren durch und ergreifen Folgemaßnahme. Die hiermit betrauten Personen sind in ihrer Tätigkeit unabhängig und müssen über die notwendige Fachkunde verfügen.

Externe Meldestelle:

Für die externen Meldestellen gilt, dass die Aufgaben – unabhängig von den sonstigen Aufgaben, und organisatorisch vom übrigen Zuständigkeitsbereich abgegrenzt – vom Bundesamt für Justiz wahrgenommen werden. Jedes Bundesland kann darüber hinaus eine eigene Meldestelle einrichten für Meldungen, die die jeweilige Landesverwaltung und die jeweiligen Kommunalverwaltungen betreffen.

Die externen Meldestellen errichten und betreiben Meldekanäle, prüfen die Stichhaltigkeit einer Meldung und führen das Verfahren durch. Insoweit wird verwiesen auf die Aufgaben der internen Meldestellen und deren Verfahren.

Unabhängigkeit, Fachkunde, Interessenskonfliktvermeidung

Die mit der Aufgabe betrauten Personen sind in ihrer Tätigkeit unabhängig und müssen über die notwendige Fachkunde verfügen.

Stets ist sicherzustellen ist, dass die Aufgabe bei der Meldestelle nicht zu Interessenkonflikten führt, was z.B. bei einer Personenidentität von Datenschutzbeauftragtem und Meldestellenverantwortlichem der Fall sein könnte.

Hier wird sich oft empfehlen, die interne Meldestelle outzusourcen auf qualifizierte externe Dienstleister, die ggf. auch in der Lage sind, mehrere Unternehmen bzw. Organisationen bei ihren Meldestellenaufgabe zu betreuen

Wie läuft das Verfahren genau ab?

Interne Meldestelle:

Die interne Meldestelle bestätigt der hinweisgebenden Person zunächst innerhalb von 7 Tagen den Eingang der Meldung.

Die interne Meldestelle prüft sodann, ob der gemeldete Verstoß in den sachlichen Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes fällt, hält mit der hinweisgebenden Person Kontakt, prüft die Stichhaltigkeit der eingegangenen Meldung, ersucht die hinweisgebende Person erforderlichen Falls um weitere Informationen und ergreift angemessene Folgemaßnahmen.

Dem Arbeitgeber ist es verboten, Meldungen oder die auf eine Meldung folgende Kommunikation zwischen hinweisgebender Person und Meldestelle zu behindern oder dies zu versuchen.

Angemessene Folgemaßnahmen:

Angemessene Folgemaßnahmen können insbesondere in einer internen Untersuchung beim Beschäftigungsgeber, der jeweiligen Organisationseinheit und bei dem oder den Betroffenen liegen sowie in der Kontaktierung betroffener Personen und Arbeitseinheiten.

Angemessene Folgemaßnahme kann auch sein, das Verfahren aus Mangel an Beweisen oder aus anderen Gründen abzuschließen, zuständigkeitshalber an andere Meldestellen zu verweisen, oder das Verfahren abzugeben an eine für interne Ermittlungen zuständige Arbeitseinheit oder eine zuständige Behörde.

Entscheidungsfrist:

Die Rückäußerungsfrist der internen Meldestelle beträgt 3 Monate, bezogen auf den Zeitpunkt der Bestätigung des Eingangs der Meldung oder, wenn der Eingang nicht bestätigt wurde, spätestens 3 Monate und 7 Tage nach Eingang der Meldung.

Entscheidungsinhalte:

In der Rückmeldung wird Stellung genommen zu den geplanten oder bereits ergriffenen Folgemaßnahmen und diese entsprechend begründet.

Die Rückmeldung darf nur insoweit erfolgen, als dadurch interne Nachforschungen oder Ermittlungen nicht berührt und die Rechte der Personen, die Gegenstand einer Meldung sind oder die in der Meldung genannt werden, nicht beeinträchtigt werden.

Dokumentation:

Es besteht eine Dokumentationspflicht der in einer Meldestelle für die Entgegennahme von Meldungen zuständigen Personen. Die Dokumentation hat in dauerhaft abrufbarer Weise unter Beachtung des à Vertraulichkeitsgebots zu erfolgen. Bei direkter Kommunikation darf eine dauerhaft abrufbare Tonaufzeichnung oder ein Wortprotokoll angelegt werden, dies jedoch nur mit Einwilligung der hinweisgebenden Person. Ohne eine solche Einwilligung ist die Meldung durch eine Zusammenfassung ihres Inhalts (Inhaltsprotokoll) zu dokumentieren.

Externe Meldestelle:

Für die externen Meldestellen gilt, dass die Meldestellenaufgaben – stets unabhängig von den sonstigen Aufgaben und strikt organisatorisch von übrigen Zuständigkeitsbereichen abgegrenzt – vom Bundesamt für Justiz wahrgenommen werden.

Jedes Bundesland kann darüber hinaus eine eigene Meldestelle einrichten für Meldungen, die die jeweilige Landesverwaltung und die jeweiligen Kommunalverwaltungen betreffen.

Die externen Meldestellen errichten und betreiben Meldekanäle, prüfen die Stichhaltigkeit einer Meldung und führen das Verfahren durch. Insoweit kann im Wesentlichen verwiesen werden auf die zuvor dargestellten Aufgaben der internen Meldestellen und deren Verfahren.

Können Meldungen auch anonym erfolgen und bearbeitet werden?

Ja, Meldungen können auch anonym erfolgen, es besteht jedoch keine Pflicht zur Bearbeitung solcher Hinweise.

Welche Verstöße darf ich aber überhaupt melden?

Die Antwort auf die berechtigte Frage, was denn nun überhaupt zunächst einmal ein „Verstoß“ im Sinne des neuen Gesetzes sein kann, hat leider viele – Facetten, worunter zwangsläufig die Übersichtlichkeit und der sachliche Überblick leiden. Wir versuchen uns trotzdem an einer transparenten Erläuterung, indem wir uns auf die gängigsten Anwendungsbereiche beschränken:

Es geht um „erhebliche“ Verletzungen von/ Zuwiderhandlungen gegen „Vorschriften“.

  • Erheblichkeit liegt immer vor, wenn es sich um Straftatbestände handelt, die gemeldet werden.
  • Ebenso, wenn eine Ordnungswidrigkeit vorliegt, die bußgeldbewehrt ist, und die verletzte Vorschrift dem Schutz hochrangiger Rechtsgüter, nämlich Leben, Leib, Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient.
  • Es genügt, dass die Regelung nicht unbedingt direkt bezweckt, sondern lediglich dazu beiträgt, den Schutz der Rechtsgüter und Rechte zu gewährleisten. So werden etwa im Bereich des Arbeitsschutzes sowohl die dem Gesundheitsschutz und der Sicherheit der Beschäftigten dienenden Vorschriften als auch arbeitsschutzrechtliche Mitteilungs-, Erlaubnis-, Prüfungs-, Bestellungs-, Belehrungs-, Dokumentations- und Anzeigepflichten erfasst. Denn Letztere dienen ebenfalls der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten. Als Beispiele sind hier Verletzungen des Mindestlohngesetz zu nennen oder Verstöße gegen die Vorgaben des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes.
  • Gemeint sind ferner Bußgeldvorschriften, mit denen Verstöße gegen Rechte der Organe sanktioniert werden, die die Interessen von Beschäftigten vertreten. Hierzu zählen insbesondere solche Bußgeldvorschriften, die Verstöße gegen Aufklärungs- und Auskunftspflichten gegenüber Organen der Betriebsverfassung wie Betriebsräten oder Wirtschaftsausschüssen sanktionieren.
  • Ferner geht es um Vorschriften zur Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung, insbesondere das Geldwäschegesetz, das Kreditwesengesetz oder die Angaben bei Geldtransfers.
  • Angesprochen ist des Weiteren die Produktsicherheit und Produktkonformität nach EU-Rechtsvorschriften, insbesondere hinsichtlich der Marktüberwachung und der Konformität von Produkten und deren allgemeine Produktsicherheit.

Wenn einem intern gemeldeten Verstoß nicht von der à internen Meldestelle abgeholfen wird, bleibt es der hinweisgebenden Person unbenommen, sich an eine à externe Meldestelle zu wenden. Dies ist Ausfluss des Meldestellen-Wahlrechts im Rahmen der à Meldestellen-Zuständigkeit.

Was passiert, wenn „meine Meldestelle“ nicht reagiert oder dem gemeldeten Verstoß nicht nachgehen will?

Eine Offenlegung von Informationen setzt voraus, dass zunächst eine ordnungsgemäße Meldung bei einer internen Meldestelle erstattet wurde, hierauf innerhalb der vorgenannten Frist für die Rückmeldung keine geeigneten Folgemaßnahmen ergriffen wurden oder sie keine Rückmeldung über das Ergreifen solcher Folgemaßnahmen erhalten haben oder hinreichenden Grund zu der Annahme hatten, dass der Verstoß wegen eines Notfalls, der Gefahr irreversibler Schäden oder vergleichbarer Umstände eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses darstellen kann, im Falle einer externen Meldung Repressalien zu befürchten sind oder Beweismittel unterdrückt oder vernichtet werden könnten. Absprachen zwischen den zuständigen externen Meldestellen und dem Urheber des Verstoßes bestehen könnten oder aufgrund sonstiger besonderer Umstände die Aussichten gering sind, dass die externe Meldestelle wirksame Folgemaßnahmen einleiten wird.

Das Offenlegen unrichtiger Informationen über Verstöße ist verboten. Dies betrifft den Unterabschnitt 2 Unterabschnitt 4, also das Verfahren vor den externen Meldestellen.

Was bedeutet das „Offenlegungsverbot“?

Anlass für das Hinweisgeberschutzgesetz waren insbesondere die Vorgaben des EGMR (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte). Der EGMR bestätigte die Verpflichtung der Beschäftigten zu Loyalität, Zurückhaltung und Vertraulichkeit gegenüber dem Arbeitgeber und bezeichnete den Gang an die Öffentlichkeit als „letztes Mittel“. Andererseits musste die Freiheit der Meinungsäußerung der Beschäftigten geschützt werden. Dies bedeutet, dass Hinweisgeber sich keinem Risiko aussetzen dürfen, wenn sie einen Rechtsverstoß melden.

Vor diesem Hintergrund bestehen hohe Eintrittsschwellen zum Schutz vor Falschmeldungen. Das Offenlegungsverbot dient dem Schutz der von einer Offenlegung betroffenen Unternehmen, Behörden und Personen vor Reputationsschäden.

Dass sich hinweisgebende Personen mit ihren Informationen an die Öffentlichkeit wenden dürfen, ist daher nur unter engen Voraussetzungen vorgesehen. Dies gilt etwa bei der Gefahr irreversibler Schäden oder in Fällen, in denen die Meldestelle nicht die notwendigen Maßnahmen ergriffen hat. Hinweisgebende Personen können sich insbesondere dann an die Öffentlichkeit wenden, wenn sie nach der Meldung eines Verstoßes innerhalb des vorgegebenen Zeitraums keine Rückmeldung oder nur eine solche über nicht angemessene Folgemaßnahmen erhalten haben. Die Angemessenheit der Folgemaßnahmen richtet sich nach objektiven Kriterien und ist abhängig von den fallspezifischen Umständen und von der Art der Vorschriften, gegen die verstoßen wurde. Auch eine Entscheidung, dass ein Verstoß eindeutig geringfügig war und keine weiteren Folgemaßnahmen erfordert, kann eine angemessene Rückmeldung darstellen.

Eine geschützte Offenlegung setzt voraus, dass die hinweisgebende Person hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass die Voraussetzungen für eine Offenlegung vorliegen. Böswillige oder missbräuchliche Offenlegungen fallen nicht in den Schutzbereich des Gesetzes. Die hinweisgebende Person wird jedoch geschützt, wenn sie in gutem Glauben z.B. ungenaue Informationen über Verstöße offengelegt hat.

An die Sorgfalt der hinweisgebenden Person in Bezug auf die Überprüfung des Wahrheitsgehalts einer Meldung sind keine überhöhten Anforderungen zu stellen. Hinweisgebende Personen sollen nicht aus Angst vor Repressalien zurückschrecken. Abzustellen ist darauf, ob ein objektiver Dritter von der Wahrheit der Information ausgegangen wäre. Die subjektiven Beweggründe der hinweisgebenden Person für die Meldung spielen keine Rolle

Das Gesetz trifft bestimmte Festlegungen, unter welchen Voraussetzungen eine hinweisgebende Person Informationen über Verstöße öffentlich zugänglich machen darf, ohne sich ihrerseits bußgeld-, unterlassungs- und ggf. schadensersatzpflichtig zu machen. Nur dann wird sie umfangreich vor Repressalien wie Kündigung und sonstigen Benachteiligungen geschützt.

Wer trägt die Beweislast für eine Benachteiligung?

Grundsätzlich hat die Partei, die einen Anspruch geltend macht, die anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen.

Das Hinweisgeberschutzgesetz sieht nun eine Beweislastumkehr im Verfahren vor Gerichten oder Behörden vor, die sich auf eine von der hinweisgebenden Person erlittene Benachteiligung beziehen und in denen die hinweisgebende Person geltend macht, diese Benachteiligung infolge ihrer Meldung oder Offenlegung erlitten zu haben.

In solchen Fällen wird vermutet, dass die Benachteiligung eine Repressalie für die Meldung der Offenlegung war, und es obliegt der Person, die die benachteiligende Maßnahme ergriffen hat, bei Benachteiligungen im Beschäftigungsverhältnis also in der Regel dem Beschäftigungsgeber, zu beweisen, dass diese Maßnahme auf hinreichend gerechtfertigten Gründen basierte oder dass sie nicht auf der Meldung oder Offenlegung beruhte.

Hierzu gehört also zum einen die ursächliche Verknüpfung mit der Meldung oder Offenlegung, und zum anderen die ungerechtfertigte Benachteiligung. Beide werden von der Umkehr der Beweislast erfasst. Die hinweisgebende Person soll nicht von vorne herein von einer Meldung oder Offenlegung durch eine schwierige Beweisführung abgeschreckt werden.

Welche Sanktions- und Haftungsfolgen drohen dem Beschäftigungsgeber?

Im Falle der unwiderlegten Benachteiligung infolge der Meldung oder Offenlegung eines Verstoßes hat die hinweisgebende Person Anspruch auf Ersatz des aus einem Verstoß gegen das Verbot entstehenden Schadens. Auch zukünftige finanzielle Einbußen werden umfasst.

Darüber hinaus können Ansprüche auf Schmerzensgeld oder eine Entschädigung in Geld wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bestehen.

Verursacher wird in der Regel der Beschäftigungsgeber sein. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Arbeitgeber den Ruf ihrer Hinweisgeber schädigen.

Allerdings schützt das Hinweisgeberschutzgesetz auch bspw. Selbstständige, Organmitglieder und Freiwillige, die ebenfalls einen Schadensersatzanspruch geltend machen können.

Einbezogen in den Schutzbereich sind ferner benachteiligte Helfer, d.h.

  • natürliche Personen („Dritte“), die die hinweisgebende Person bei einer internen oder externen Meldung oder einer Offenlegung im beruflichen Zusammenhang vertraulich unterstützen, insbesondere mit der hinweisgebenden Person in Verbindung stehen und in einem beruflichen Zusammenhang Repressalien erlitten haben, sowie
  • juristische Personen, rechtsfähige Personengesellschaften und sonstige rechtsfähige Personenvereinigungen, die mit der hinweisgebenden Person infolge einer Beteiligung rechtlich verbunden sind oder für die die hinweisgebende Person tätig ist oder mit denen sie in einem beruflichen Kontext anderweitig in Verbindung steht.

Angesprochene „Dritte“ sind bspw. Kollegen, Freunde und Familienmitglieder. Hier trägt die dritte Person für das Erleiden von Repressalien die Beweislast.

Der berufliche Zusammenhang kann sich bspw. aus einer gemeinsamen Arbeitsstelle oder auch aus sonstigen beruflichen Kontakten ergeben.

Auch das Verhältnis von Großunternehmen oder Zulieferunternehmen wird geregelt. Dies liegt an der großen Bedeutung von Hinweisen aus anderen Unternehmen, die mit dem betroffenen Unternehmen zusammenarbeiten. Auch die jeweiligen Unternehmen, im Beispiel das Zulieferunternehmen, müssen vor Repressalien geschützt sein, auch solche indirekter Art wie vor einer Verweigerung von Dienstleistungen, einer Erfassung auf schwarzen Listen oder einem Geschäftsboykott gegen Unternehmen, die bspw. im Eigentum der hinweisgebenden Person stehen, für die sie arbeitet oder mit der sie in einem beruflichen Kontext anderweitig in Verbindung steht. Der Schutz ist nicht nur auf juristische Personen sondern auch auf sonstige Organisationsformen des privaten Rechts ausgerichtet.

  • Bußgeldvorschriften

Das Hinweisgeberschutzgesetz verlangt wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen, die sich sowohl gegen natürliche wie auch juristische Personen richten können. Sanktioniert wird die juristische Person und gleichgestellte Personenvereinigungen, ebenfalls aber das vorsätzliche oder fahrlässige Unterlassen der gehörigen Aufsicht durch den Inhaber eines Betriebs oder Unternehmens persönlich.

Der Bußgeldrahmen beträgt – je nach Zuwiderhandlung – bis zu 20.000 EUR bzw. 50.000,- EUR. Bei besonderer Schwere der Verfehlungen kann sich die Höchstgrenze für Geldbußen auch verzehnfachen. Es soll vermieden werden, dass betroffene Unternehmen eine Geldbuße mangels abschreckender Höhe in Kauf nehmen. Denn Fälle in der Vergangenheit haben gezeigt, dass unter Umständen ein großes Interesse daran bestehen kann, hinweisgebende Personen von einer Meldung oder Offenlegung abzuhalten, vor allem wenn die Unternehmensleitung oder ganze Bereiche eines Unternehmens in systematische Verstöße verwickelt sind. Repressalien zur Verhinderung von Meldungen mit Blick auf Umsatzeinbußen oder auf Schadensersatzforderungen ist wirksam durch Abschreckung bei der Bußgeldhöhe zu begegnen.

Welche konkreten Risiken drohen umgekehrt dem unlauteren Hinweisgeber?
  • Schadensersatz nach einer Falschmeldung

Eine falsche Verdächtigung im Rahmen einer Meldung oder Offenlegung kann weitreichende Folgen für die betroffene Organisation haben. Die Auswirkungen lassen sich unter Umständen nicht mehr vollständig rückgängig machen.

Daher steht den Geschädigten ein Anspruch auf Ersatz des aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen unrichtigen Meldung oder Offenlegung entstandenen Schadens zu, nicht jedoch aus einer einfachen fahrlässigen unrichtigen Meldung.

  • Ausschluss der haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit

Es wird insoweit die gutgläubige hinweisgebende Person bestmöglich geschützt. Denn auch überhöhte Anforderungen in Bezug auf die Überprüfung der Richtigkeit dürfen im Interesse dieses Schutzes an die hinweisgebende Person nicht gestellt werden.

Potenziell hinweisgebenden Personen soll nach dem Willen des Gesetzgebers die Sorge genommen werden, dass sie durch die Weitergabe relevanter Informationen selbst zur Verantwortung gezogen werden, weil sie diese eventuell nicht rechtmäßig erlangt haben könnten, bspw. durch Verwertung von E-Mails eines anderen Beschäftigten oder von Dateien, auf die sie normalerweise keinen Zugriff haben oder die sie nicht nutzen, durch das Fotografieren von Räumlichkeiten, zu denen sie keinen Zugang haben etc.

Folglich scheidet auch jegliche Verantwortlichkeit der hinweisgebenden Person für daraus entstandene Schäden grundsätzlich aus. Wenn ihr also bspw. eine Verletzung des Urheberrechts, des Geschäftsgeheimnisses, der Vertraulichkeit oder des Schutzes personenbezogener Daten außerhalb des beruflichen Kontextes und im Zusammenhang mit der Meldung vorgeworfen wird, kann sie sich darauf berufen, die Meldung im Einklang mit dem Hinweisgeberschutzgesetz vorgenommen zu haben, sofern die gemeldeten oder offen gelegt Informationen notwendig waren, um den Verstoß aufzudecken. Es besteht auch insoweit keine rechtliche Verantwortlichkeit; bspw. sind Regressansprüche auch in diesem Falle ausgeschlossen. Allerdings muss hinreichender Grund zu der Annahme bestehen, dass die Meldung oder die Offenlegung erforderlich ist, um den Verstoß aufzudecken.

Die Schutzvorschriften sind zwingend, sie können weder individuell noch in kollektiven Vereinbarungen zu Ungunsten der geschützten Personen zur Disposition gestellt werden. Auch tarifliche und betriebliche Regelungen dürfen nicht entgegenstehen. Jegliche Beschränkung und jeglicher Ausschluss sind unwirksam. Dies gilt insbesondere auch für den freien Zugang zu externen Meldestellen oder die Zulässigkeit einer Offenlegung unter den Voraussetzungen des Gesetzes. Auch mittels einer Schutzvereinbarung darf keine Beschränkung oder ein Ausschluss erfolgen.

Anders liegt es nach dem neuen Gesetz nur, wenn die Beschaffung als solche oder der Zugriff als solcher bereits eine Straftat darstellt. Hierdurch will der Gesetzesgeber ein bewusstes Auskundschaften auf der Suche nach Meldungen ausschließen. Wenn hinweisgebende Personen also eine Straftat wie bspw. Hausfriedensbruch, Ausspähen oder Abfangen von Daten begehen, bleibt ihre Strafbarkeit ebenso unberührt wie eine etwaige zivilrechtliche oder verwaltungsrechtliche Verantwortlichkeit (insbes. Schadens- und Unterlassungshaftung; Bußgeld).

Welche Aufgaben resultieren aus einer telefonischen, postalischen Meldung oder im Rahmen einer Zusammenkunft?

Sie müssen die hinweisgebende Person informieren, dass Sie die Meldung mit Inhaltsprotokoll/Gesprächsaufzeichnung im Hinweisgeberportal erfasst haben und dass die Kommunikation anschließend im Portal erfolgt. Der Hinweisgeber ist darauf hinzuweisen, dass er sich im Portal registrieren soll.

Muss von jedem Telefongespräch ein Inhaltsprotokoll oder eine Gesprächsaufzeichnung angefertigt werden?

Ein Gespräch darf nur aufgezeichnet werden, wenn der andere Telefonpartner einwilligt (dies muss auch mit aufgezeichnet werden). Zur ordnungsgemäßen Bearbeitung einer Meldung sollte ein Inhaltsprotokoll eines jeden Telefongesprächs unter Meldungsbearbeitung angefertigt werden (vgl. § 11 Abs. 2 HinSchG).

Muss bei einer postalischen Meldung die Eingangsbestätigung ebenfalls auf dem Postweg erfolgen?

Wenn der Hinweisgeber eine E-Mailadresse angegeben hat, kann dies auch auf elektronischem Wege erfolgen.

Muss die hinweisgebende Person jedes Inhaltsprotokoll unterzeichnen? Wäre auch eine Bestätigung via E-Mail ausreichend?

Nein. Eine Bestätigung via E-Mail ist nicht notwendig, aber möglich.

Ist eine mündliche Einwilligung der hinweisgebenden Person ausreichend, wenn wir Gespräche aufzeichnen wollten?

Ein Gespräch dürfen Sie nur aufzeichnen, wenn der andere Telefonpartner einwilligt (dies müssen Sie selbstverständlich auch mit aufzeichnen). Zur ordnungsgemäßen Bearbeitung einer Meldung sollte ein Inhaltsprotokoll eines jeden Telefongesprächs unter Meldungsbearbeitung angefertigt werden (vgl. § 11 Abs. 2 HinSchG).

Sollen diese Gespräche zu Dokumentationszwecken im Portal hochgeladen werden?

Ja, da es  zur Bearbeitung der Meldungen einfacher ist und man den kompletten Überblick aller eingegangen Meldungen im Portal hat.

Wie wird mit Hinweisen umgegangen, in denen Abteilungsleiter*innen Gegenstand einer Meldung sind?

Mit diesen Meldungen wird genauso umgegangen wie mit den anderen.

Wann und in welcher Form müssen beschuldigte Personen gemäß Art. 14 DS-GVO informiert werden?

Hier gilt §§ 8 und 9 HinSchG anstelle der DSGVO (vgl. Art. 23 DSGVO). Die Information ist frühestens (wenn überhaupt) erforderlich, wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind.

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